Marathon mit neuer Erfahrung
Ich kann nur wieder sagen, jeder Marathon ist anders. Man weiß vorher nie, was passiert.
Mein Ziel war zugegeben recht ambitioniert, aber theoretisch machbar. Also ließ ich es so stehen, auch wenn ich mir nach den letzten langen Läufen nicht mehr sicher war. Ich verdrängte die Zweifel und baute an meiner Tempoeinteilung. Priorität: erst mal mit 5:25 loslaufen, nicht schneller.
München empfing uns mit einer tollen Strecke und perfektem Wetter.
Wir waren mit 13 Läufern angereist.
Am Abend davor war ich mehr als aufgeregt und etwas schlecht drauf, weil wir alle erst zu spät zurück ins Hostel kamen und ich meine Sachen noch vorbereiten musste. Das steigerte wiederum die Nervosität ….
Am Marathontag starteten wir rechtzeitig zum Olympiastadion und genossen schon mal den Blick auf die letzten 300 m, die wir am Ende des Marathons im Stadion laufen durften. Wahnsinn. Die Nervosität ließ noch nicht nach.
Dann auf zu Startblock A. Wir durften wegen Meldung bei den deutschen Meisterschaften bei den ganz Schnellen mitstarten. Einerseits fühlten wir uns etwas fehl am Platz, andererseits war es schon ein tolles Gefühl. Und noch kein Nachlassen der Aufregung. Das Läuferfeld wurde immer dichter, die Spannung unter den Läufern stieg immer weiter an, der Kommentator putschte die Stimmung noch weiter auf … und dann wurden wir endlich losgelassen 😉 Hey, Marathon in München, angenehme Temperatur, Mordsstimmung – was sollte da schiefgehen?
Achso, ich wollte langsam starten und später steigern. Mhm. Die Garmin kann nicht stimmen, soo schnell laufe ich doch gar nicht. Es überholen ja alle. Ich lief locker mit. Es war ganz problemlos. Die Kilometer flogen regelrecht dahin, die ersten km merkte ich gar nicht, bei Kilometerschild 6 war ich überrascht, dass ich schon so weit war. Ich flog weiter. Es ging mir gut, die Beine fühlten sich super an. Das könnte mein Tag werden. Ich fand einen Läufer, der wohl mein Tempo lief, quatschte ihn an und meinte, ich muss mich von ihm etwas bremsen lassen. Er meinte auch, er darf nicht zu schnell und ich soll dafür ihn bremsen. So verflogen auch die nächsten Kilometer. Nur wurde er dann doch immer schneller und ließ sich nicht mehr bremsen. Also ließ ich mich zurückfallen … da war doch irgendwas mit langsam anfangen … aber es lief soo gut. Schon waren 13 km um. Ich genoss weiter die Strecke, las die Schilder der Fans am Straßenrand, beobachtete die anderen Läufer … und schon war ich bei der Halbmarathonmarke mit 1:51:48. Klasse, ich könnte also mein Ziel erreichen. Also einfach so weiterlaufen. Aber so langsam begann ich meine Beine zu spüren. Und mein Magen fühlte sich vernachlässigt. Aber das ließ sich schnell ändern. Und ich wusste, dass bei km 28 mein Sohn wartete. Das motivierte mich ein weiteres Stück.
Bis km 29 war es dann nicht mehr so leicht, aber die Zeit war noch immer gut. Ich könnte es schaffen, obwohl mir inzwischen übel war und ich nicht sicher war, ob ich noch Gel nehmen sollte oder nicht.
Und dann der Einbruch. Es begann so langsam nach 30 Kilometern. Meine Oberschenkel begannen zu brennen. Der Rücken beteiligte sich dann auch noch an den Schmerzen … Ok. Dann mal einen Kilometer langsamer, dann wird es schon wieder gehen. Die Zeit … naja, vielleicht dann auf 3:45 korrigieren. Erst bei km 33 lief ich wieder schneller. Protest meiner Oberschenkel. Schmerzen wie ich sie noch nicht kannte. Ok. Gehpausen helfen vielleicht. Anfeuerung vom Publikum: Nicht aufgeben, Du hast doch dafür trainiert, lauf weiter, du schaffst das! Es half für einen weiteren Kilometer. Und wieder Gehpause. Eine Frau aus dem Publikum ging neben mir her: lauf weiter, los, du kannst noch … sie lief neben mir, bis ich mich zusammenriss und weiterlief. Und so ging es weiter … Danke an alle Münchner Zuschauer, die mich so toll unterstützt, aufgemuntert und motiviert haben, durchzuhalten.
So schnell wie anfangs die Kilometer vorbeiflogen, so krochen sie jetzt. Ich rechnete immer wieder … korrigierte die Zielzeit weiter … irgendwann war klar, dass ich nicht einmal mehr die 4h schaffen würde. Inzwischen hatte ich aber entschieden, wichtig ist durchhalten und angekommen. Ich konnte nicht abschätzen, was passieren würde, wenn ich trotz der Schmerzen schneller weiterlaufe. Und andererseits hinderten mich die brennenden Oberschenkel auch daran. Also besser später als mit Verletzung den Marathon beenden. Die Zuschauer waren weiter fantastisch. Auch die Helfer an den Verpflegungsstellen hatten immer wieder aufmunternde Worte.
Km 40. Klingt doch gut, gar nicht mehr weit. Aber eigentlich doch. Verdammt weit. Ich schleppte mich weiter. Dann nur noch 1 km. So ein km kann wahnsinnig lang sein, ich wollte nicht mehr. Aber nur noch 1 km. Das muss noch gehen. Endlich kam der Tunnel zum Olympiastadion 🙂 Gänsehaut. Ich war fast da. Gleich bin ich im Ziel. Und dann Einlauf ins Stadion und noch eine dreiviertel Runde zum Ziel. Ich will nicht mehr. Aber hier kann ich doch keine Gehpause machen. Es muss noch gehen. Noch ein Stück … und nach unendlich langen 300 m – Lauf durch das Zieltor. 4:11. Angekommen. Trotz allem total glücklich darüber, aber fix und fertig.
Meine Marathonstatistik:
3848. Platz von 6202 Marathonläufern gesamt
544. Platz von 1276 Frauen
46. Platz von 136 in der Alterklasse
383. Platz von 418 gesamt bei den Deutschen Meisterschaften
86. Platz von 103 Frauen bei den Deutschen Meisterschaften
16. Platz von 19 in der Altersklasse
1. Hälfte in 1:51:48
2. Hälfte in 2:19:12
verbrauchte kcal ca. 2.500 = ca. 5 Tafeln Schokolade
Die Finisherzahlen beim München-Marathon mit Teilnehmerrekord:
4.926 Männer und 1.276 Frauen finishten über die Marathondistanz
3.215 Männer und 1.449 Frauen liefen die halbe Marathonstrecke
1.734 Läufer und 1.543 Läuferinnen schafften die 10-km-Strecke.
davon vom SV 98/07 Seckenheim:
4 Marathonies
3 Halbmarathonläufer
1 Marathonstaffel mit 4 Läufern
2 Läufer über 10 km